Die
Keimzelle der heutigen Wohnungsbaugenossenschaft Essen-Nord war die 1914
gegründete Kleinhaussiedlung GmbH.
Die
führenden Gründungsmitglieder, Heinrich Hirtsiefer und Christian Kloft, kamen
aus der christlichen Metallarbeitergewerkschaft der Firma Krupp und der
katholischen Arbeiterbewegung Altendorfs.
Für die
Aufnahme in die Genossenschaft gab es keine Beschränkung auf eine bestimmte
Bevölkerungsgruppe, jedoch wurde auf eine katholische Lebensführung Wert
gelegt. Die Genossenschaftsmitglieder kamen im wesentlichen
aus der katholischen Arbeiterbewegung Altendorf, als auch aus der christlichen
Metallarbeitergewerkschaft. Jedoch durften nur diejenigen in die Genossenschaft
aufgenommen werden, für die ein bereits eingetragenes Genossenschaftsmitglied
die Bürgschaft übernahm. Die Geschäftseinlage von 300,00 RM konnte von den
Mitgliedern in kleinen Raten eingezahlt werden.
I.
STÄDTEBAULICHE KONZEPTION
Auf dem
noch unbebauten, westlich der Zeche Hagenbeck gelegenen Gebiet, zwischen der
heutigen Altendorfer Straße und Nöggerathstraße, sollte eine Mustersiedlung
entstehen. Die Stadt Essen stellte für dieses Bauvorhaben ein Grundstück in
Erbpacht zur Verfügung, so daß die Genossenschaftsgelder direkt für den Bau
genutzt werden konnten. Der erste Entwurf des Mülheimers Architekten Theodor
Suhnel, der u.a. die Siedlung Heimaterde in Mülheim-Fulerum errichtete, sah
eine große Parkanlage vor, um die kleine Häuser für ein bis zwei Familien
rautenförmig gruppiert werden sollten. Durch diese Grünanlage wollte Theodor
Suhnel die Wohnqualität der Siedlung steigern und den sehr dicht besiedelten
Stadtteil Altendorf aufwerten. Der für das Jahr 1914 geplante Baubeginn wurde
durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges verhindert. Der ursprüngliche
Bebauungsplan für dieses Gelände, geprägt durch Einzelhäuser, wurde aufgrund
der hohen Wohnungsnot nach dem Kriege aufgegeben. Anstelle dieser Einzelhäuser
entstanden in mehreren Bauphasen mehrgeschossige Mietshäuser, jedoch wurde an
dem Konzept, Wohnhäuser um eine Parkanlage zu gruppieren, festgehalten.
Die
Kleinhaussiedlung Altendorf ist aufgrund des städtebaulichen Konzeptes nicht
nur für die Geschichte des Stadtteils Altendorf, sondern auch für das
Stadtgebiet Essen im Vergleich zu den noch erhaltenen Arbeitersiedlungen
signifikant.
Die
geschlossene Bebauung des Kerns der Siedlung durch die rautenförmig um eine
Grünanlage angelegten Mietshäuser mit abgeschlossenem Garten hinter den
traufständigen Häusern, veranschaulicht neben der städtebaulichen Konzeption
auch sozialhistorische Dimensionen. Der Charakter dieser Anlage wurde geprägt
durch eine Kombination aus privat und öffentlich nutzbarem Raum.
Ferner
dokumentiert diese Siedlung ein hervorragendes Beispiel für den
genossenschaftlichen Wohnungsbau. Die öffentliche Grünanlage, die auch für die
angrenzenden Bewohnern des dicht besiedelten
Stadtteils Altendorf nutzbar ist, ist durch vier Haupteingänge begehbar. Die
durch Hecken eingefriedeten Gärten waren damals und sind auch heute noch
Privatraum für die jeweiligen Mieter. Die Gärten wie auch der Park kamen der
stark familienorientierten Genossenschaftsbewegung entgegen.
II.
ARCHITEKTUR DER GEBÄUDE
Theodor
Suhnel war der maßgebliche Architekt bis in die 1950er Jahre, so daß sich trotz
der diversen Bauabschnitte und den ökonomischen Zwängen, die sich nur auf die
verwendeten Baumaterialien auswirkten, zum einen eine gestalterische
Entwicklung und zum anderen eine stilistische Einheitlichkeit der
Kleinhaussiedlung Altendorf feststellen läßt. Der rautenförmig um die
Parkanlage angelegte Kern der Siedlung ist achsial symmetrisch in seiner
Formensprache angelegt.
Einzelnen
Gebäudeeinheiten z.B. der Häuserblock am Bockmühlenweg mit seiner vorgelagerten
Parksituation, der den repräsentativen Eingangsbereich der Siedlung markiert
oder der Häuserblock an der Mercatorstraße, der aufgrund der Verwendung edlerer
Baumaterialien hervorragt, oder der Häuserblock an der Hirtsieferstraße / Ecke
Nöggerathstraße, der durch seinen turmartigen Charakter den südlichen Abschluß
der Siedlung betont, nehmen aufgrund ihrer städtebaulichen Stellung in der
Siedlung eine Sonderstellung ein, die sich aber hervorragend in die Gesamtanlage
einpassen.
Des weiteren belegt die Kleinhaussiedlung Altendorf die Wohn-
und Lebensverhältnisse des Menschen der damaligen Zeit, als auch das Bedürfnis
des Mieters der Genossenschaftswohnungen nach gehobener Wohnqualität. Die
Wohnungen waren, gemessen an den damaligen Wohnverhältnissen, mit einem hohen
Wohnstandard ausgestattet. Alle Wohnungen wurden mit Spülküche, Baderaum und
eigenem Klosett und einige mit einer Loggia ausgestattet. Gärten als auch
Spielplätze in der Grünanlage wurden ebenfalls zur Verbesserung der
Wohnqualität angelegt.
In neuerer
Zeit wurden Renovierungsmaßnahmen wie:
- der Anstrich der zuvor putzsichtigen Fassade,
sowie der differenzierte Anstrich der Blendläden,
- die neuen Fenster,
- die sukzessive Renovierung der Wohnungen und
die damit zusammenhängende Grundrißänderung, um die einzelnen Wohneinheiten dem
heutigen Wohnstandard anzupassen, harmonisch vorgenommen.
III.
BEGRÜNDUNG DER DENKMALEIGENSCHAFT
Die
Gesamtanlage der Kleinhaussiedlung Altendorf mit ihren Häusern, zugeordneten
Gärten und der öffentlichen, gestalteten Parkanlage bilden eine erhaltenswerte
Einheit.
Die
Kleinhaussiedlung Altendorf ist gekennzeichnet durch ein einheitliches
städtebauliches Konzept, der daraus abgeleiteten Verteilung der Baukörper und
ihre stilistische Einheitlichkeit. Die einzelnen Wohneinheiten sind individuell
gestaltet und wurden in Zeilen (geschlossene Bebauung) errichtet. Diese
bauliche Konzeption geht nicht auf individuelle Vorstellungen einzelner
Bauherren oder Mieter zurück, sondern auf eine durch den Architekten Theodor
Suhnel bewußt geplante Unterschiedlichkeit innerhalb einer einheitlichen
Gesamtanlage.
Die
Kleinhaussiedlung Altenhof ist nicht als Summe von Einzelhäusern oder
Siedlungsteilen zu verstehen, sondern als untrennbares Ganzes und somit ein
Denkmal gem. § 2 Abs. 1 und 2 Denkmalschutzgesetz (DSchG).
Die
Erhaltung der Kleinhaussiedlung Altendorf liegt aus städtebaulichen,
wissenschaftlichen, sowie sozial- und ortsgeschichtlichen Gründen im
öffentlichen Interesse.
Der Umfang
des Schutzes der Kleihaussiedlung Altendorf bezieht sich
- auf die Substanz der Gebäude der Siedlung und
nicht nur auf das Erscheinungsbild, die in einer Auflistung mit
Straßenbezeichnung und Hausnummer als Anlage 1
sowie
- auf die Straßen- und die Freiflächen in der
Siedlung mit Flur und Flurstücken, die in einer Auflistung als Anlage 2 der
Denkmalkarteikarte beigefügt sind.
Die genauen
Grenzen des Baudenkmals "Kleinhaussiedlung Altendorf" ergeben sich
aus dem Lageplan, der als Anlage 3 beigefügt ist.
Obwohl
durch Kriegseinführung die Siedlung zum Teil in Mitleidenschaft gezogen wurde,
ist durch den angepaßten Wiederaufbau die Anschaulichkeit des
Siedlungsgedankens - insbesondere die Ganzheitlichkeit der Anlage und der
Erhaltungszustand der Gebäude - noch umfassend gegeben.
Lediglich
die zum ursprünglichen Siedlungsbereich gehörenden Straßenzüge Dreesweg und der
untere Abschnitt der Gaußstraße wurden aufgrund der starken Veränderungen durch
Kriegszerstörungen (überwiegender Wiederaufbau) sowie durch Ersatzbauten
(Neubauten aus den Jahren 1965-1967) nicht mit in den Unterschutzstellung
einbezogen.
Folgende im
Lageplan mit einem Kreuz kenntlich gemachte Gebäude innerhalb des
Siedlungsgrundrisses sind bauliche Anlagen ohne Denkmalqualität:
Heinrich-Strunk-Str.
(Garagenkomplex mit Kiosk), Hirtsieferstr. (3 Garagenkomplexe und rückwärtiger
Bereich Trafohäuschen), Lichterweg (2 Garagenkomplexe). Sie werden aus dem
Umfang der Unterschutzstellung herausgenommen, da für sie weder Bedeutungs-
noch Erhaltungs- und Nutzungsgründe gem. § 2 Abs. 1 DSchG vorliegen. Sie sind
nicht Bestandteil des Baudenkmals, sondern unterliegen dem DSchG nur
hinsichtlich dem § 9 Abs. 1b DSchG.
Die in
neuerer Zeit harmonisch vorgenemmenen Renovierungsmaßnahmen beeinträchtigen die
Denkmalqualität der einzelnen Gebäude der Siedlung wie auch den Gesamtcharakter
der Siedlung nicht.
Anlage 1:
Bockmühlenweg 1,2,3,4,5,6,7,9,11,13,15,17,19,21 Bockmühlenweg 23,25,27,29,31,33,35,37,39,41
Gaußstr. 12,14,16,18,20,22,24 Graßmannstr. 1,2,3,4,6,8
Hedwig-Dransfeld-Platz 5,6,7,8,9,10,11
Heinrich-Strunk-Str.
150,152,153,158
Hirtsieferstr. 2,4,6,8,10,12,14,16,18,23,24,25,26,27,28 Hirtsieferstr.
29,30,31,32,33,34,35,36,37,38,39,40,41,42
Hirtsieferstr. 43,44,45,46,47,48,49,50,51,52,53,54,55 Hirtsieferstr. 56,57,58,59,60,61,62,63,65,67,68,70,72
Lichterweg 1,2,3,4,5,6,7,8,9,11,13,15
Martin-Vollmar-Str. 1,2,3,4,5,7
Mercatorstr. 2,4,6 Möbiusstr. 1,2
Nöggerathstr. 60
Riemannstr.
1,2,3,4,5,6,7,8,9,10,12,14,16,17,18,19,20
Riemannstr. 21,22,23,24,25 Garage
Graßmannstr. 8
Garagenkomplex
neben Heinrich.Strunk-Str. 153 Garagenkomplex neben
Heinrich-Strunk-Str. 158
Garagenkomplex
neben Heinrich-Strunk-Str. 152 Garage neben Hirtsieferstr.
53
Garage
neben Hirtsieferstr. 55
Garagenkomplex zwischen Lichterweg 11+13 Garagenkomplex mit
Nebengebäude im rückwärtigen Bereich der Gebäude Hirtsieferstr. 59/61/63
Anlage 2:
Angabe von
Flur und Flurstücke
Anlage 3:
Lageplan
mit Legende
(aus:
Denkmalliste der Stadt Essen, Stand: 01.02.2001)